Süddeutsche Zeitung vom 12. Februar 2011
Lachtagtraum von Egbert Tholl
Es geht ums Lachen über den Tod, auf völlig aberwitzige Weise.
Manchmal stellen Béatrice Jaccard, Judith Rohrbach und Morca Volta Stummfilmsequenzen nach, dramatische Showdowns, B-Horrormovie-Szenen, blankes Entsetzen und kümmerliche Selbstmordversuche; beredte Leiber erzählen vom Schrecken, herrliches Körpertheater ist das. Daneben belebt ein phantastisch miteinander musizierendes, die Szene durchwirkendes Streich-Quartett aus erlesenen Musikern (Joe Rappaport, Luciana Beleaeva, Gunter Pretzel, Graham Waterhouse) den grinsenden elektronischen Klangkosmos. Pogatschar schreibt Kitsch, ohne kitschig zu werden, schreibt Minimal Music, die im gestischen Gehalt riesengroß ist. Ein vorsichtiger Walzer noch, Menschen, die sich wie Seeanemonen in sanfter Strömung wiegen, schon ist er wieder aus, der Lachtagtraum.
Tages-Anzeiger Zürich vom 19. Februar 2011
Die Compagnie Drift und die Scheintoten von Maya Künzler
Ihm Rahmen eines künstlerischen Austauschs zwischen dem Kulturzentrum Schwere Reiter in München und dem Tanzhaus Zürich hat die Komponistin Helga Pogatschar die Musik für vier Streicher geschrieben, stellenweise mit elektronischer Musik und Filmsound unterlegt. Vier Musiker aus der bayerischen Metropole spielen live, rhythmisch akzentuiert und mit sattem Klang.
nmz (neue musikzeitung) vom März 2011
Vom aberwitzigen Lachen über den Tod von Egbert Tholl
Für Pogatschar war diese Arbeit eine wunderbare Gelegenheit, ihre niederen Instinkte auszuleben. Dies bedeutet: ihre Liebe zum Überschwang. Freilich klingt das bei ihr stets ein wenig absonderlich – ein hohler Gehalt, wie er ja zum Kitsch gehört, ist bei ihr immer mit einem Lachen erfüllt. Pogatschar kann ohne jede Eitelkeit Gebrauchsmusik schreiben, ohne ihren künstlerischen Anspruch dabei aufzugeben. Am deutlichsten merkte man dies bislang in ihren szenischen Stücken für Kinder. Aber vielleicht ist der Weg von diesen zur Zusammenaberit mit „Drift“ gar nicht weit.
Die unverhohlene Gelassenheit im Umgang mit dem Ausstellen von Dramatik, die der Arbeit der Tanzcompagnie innewohnt, findet ihr Pendant in der Souveränität, mit der Pogatschar nur scheinbar altmodische Formen wie ein Streichquartett in einen elektronisch angereicherten, neuen Zusammenhang bringen kann, der schwerelos Elemente avancierter und populärer Musik vereint und der traditionellen Filmmusik ein Grinsen zuwirft. Und doch ist dies vom ersten Ton an reine Pogatschar-Musik.